
Kulturwandel und Potenzialentfaltung in Wechselwirkung

Diese Tatsachen wurden in vielen Studien nachgewiesen und werden von den Managern, die dieses Thema verstanden haben, grundsätzlich zum Vorteil für alle Stakeholder angewandt. Zum zweiten funktioniert erfolgreicher und nachhaltiger Kulturwandel nur, wenn er aus dem Unternehmen heraus – und damit von den Mitarbeitern und Führungskräften – entwickelt und getragen wird. Der Kulturwandel muss vom Top Management ehrlich gewollt sein und darf nicht nur eine kognitiv begründete Idee sein, so wie es im heutigen Zeitalter der permanenten Veränderung häufig gelebt wird. Die in den Mitarbeitern liegenden Potenziale sollen sich entfalten können, um die Inhalte des Kulturwandels zu beschreiben, zu entwickeln und umzusetzen.
Viel zu oft reduziert das Top-Management von Unternehmen Mitarbeiter auf gedanken- und emotionslose Humanressourcen, die ohne eigenen Willen, Potenziale und Emotionen sind. Gleichzeitig erlauben Mitarbeiter viel zu oft die fast grenzenlose Belastung durch eine schlechte Kultur, die immer vom Top-Management geprägt wird und ausgeht. In Studien wird ein Faktor von bis zu 80 (von 100) angegeben, bis zu dem Mitarbeiter bereit sind, schlechte Kulturen zu ertragen, ohne sich durch Aufbegehren, Burnout, Kündigung, etc. äußern.
Die Ebenen Kopf, Herz und Bauch der Mitarbeiter und Führungskräfte müssen gleichermaßen mit der Idee und der Umsetzungslogik des Kulturwandels angesprochen werden. Das Top-Management sollte das tiefe Bedürfnis entwickeln, dass das Potenzial, welches in jedem Mitarbeiter schlummert, der Auslöser und der Treiber für den Kulturwandel sein wird. Den Mitarbeitern und Führungskräften ist eine Basis zu schaffen, auf der sie ihre Potenzial entfalten, entwickeln und schlussendlich umsetzen können, so dass eine neue mitarbeiter- sowie kundenorientierte und wertebasierte Unternehmenskultur greifen kann. Das Top-Management muss unabdingbarer Teil des Potenzialentfaltungsprozesses werden, diesen in seiner Macht sowie Komplexität verstehen und diesen wirklich wollen. Alle Beteiligten müssen spüren, dass der Wandel tatsächlich gewollt ist, dann wird der Kulturwandel sich durchsetzen. Überzeugend getragen und mit allen Konsequenzen gewollt, von den Mitarbeitern entwickelt, und umgesetzt, kann Kulturwandel ganze Unternehmen zu Höchstleistungen beflügeln. Dann wird die kulturelle Veränderung zu mehr Nachhaltigkeit ein Erfolg.
Auch für die externen Berater stellt sich die Frage der Akzeptanz in einem solchen Kulturwandelprozess. Es ist entscheidend, ob Berater diesen Prozess im Sinne der Gestaltung „für das Unternehmen“ konzipieren oder ob sie es „mit dem Unternehmen“ konzipieren. Externe Berater sollten sich als ehrliche, wohlwollende und demütige Anleiter, Impulsgeber und Mitgestalter des Kulturwandels verstehen. Sie gehen in der tiefen Erkenntnis in den Prozess der Kulturveränderung, dass durch die Potenzialentfaltung der Mitarbeiter sich tatsächlich etwas verändern wird. Daher muss der wichtigste Ansatzpunkt sein, eben dieser Potenzialentfaltung den größtmöglichen Platz einzuräumen.
In jedem Menschen ist die Möglichkeit zur Potenzialentfaltung angelegt. Sie kann also auch beim Kulturwandel genutzt werden. Mitunter brauchen Menschen Anleitungen im Bereich der Selbstreflexion und der Selbsterkenntnis, um eine bessere Einordnung in den Kontext ihrer Fähigkeiten und Potenziale zur Gestaltung des Kulturwandels in ihrer Unternehmensorganisation zu erfahren. Jeder Mensch hat das tiefe Bedürfnis, sich in eine Gemeinschaft, also seine Unternehmensorganisation, einzubringen. Er erhofft sich dadurch die Möglichkeit zur Erfüllung, Verwirklichung, Befriedigung und Freude sowie das schließlich über allem schwebenden Sicherheitsbedürfnis. Dazu braucht es ein nachvollziehbares, allseits verständliches und akzeptiertes Zielbild als Impuls zur extrinsischen Motivation. Auf Basis dieses Zielbildes werden die Mitarbeiter ihr Engagement ableiten und die Potenziale entfalten.
Menschen, die sich in den Prozessen der Kulturveränderungen als ernst genommene Individuen sehen, deren Beitrag geschätzt, gewünscht und verarbeitet wird, werden den Kulturwandel zu einem echten Erfolg machen. In dem Moment, wenn sie wahrnehmen, von der Objekt- zur Subjektebene (HR ->Mensch/Individuum) gehoben und betrachtet werden, erfolgt das Engagement zur Potenzialentfaltung aus einer intrinsischen Motivation heraus.
Wir werden es in Kulturveränderungsprozessen immer erleben, dass nicht alle Menschen den Weg verstehen, diesen nicht mitgehen wollen und sich der Veränderung verschließen. Einige werden es sofort verstehen und wieder andere sich für immer verschließen.
Es ist sehr wichtig, die hinter den individuellen Verhaltensweisen stehenden Reaktionen zu verstehen, sich den Sichten zu öffnen, die Erfahrungshorizonte, die Erfüllung der Erwartungen zu antizipieren. Bei Veränderungsprozessen wird man niemals alle Menschen erreichen und mitnehmen können, dies ist die Realität. In den Veränderungsprozessen ist auch Sozialromantik fehl am Platz. Wer bei allen Versuchen und Einladungen, den Veränderungsweg mitzugehen, sich nicht ausgeschlossen zeigt, wird einen anderen Weg gehen müssen. Aber durch das ehrliche Verstehen und das Eingehen auf die Bedürfnisse der betroffenen Menschen werden viele angesprochen werden können und zum Kulturwandel beitragen.
Schlussendlich sollte noch die Frage beantwortet werden, wie Beratungsangebote ausgestaltet sein müssen, damit diese von den Mitarbeitern, den Führungskräften und dem Top Management akzeptiert werden und diese sich auf den Kulturwandel über die Potenzialentwicklung der ohne Druck, Manipulation oder Verführung von außen erfolgt, einlassen.
Durch die deutliche Absage an standardisierte, prozessgetriebene Ansätze und der Hinwendung zu subjektbezogenen, ehrlichen Kulturveränderungen, bei denen die Menschen tatsächlich im Vordergrund stehen und diese es auch spüren, werden die Veränderungen ein Erfolg werden. Jeder Veränderungsprozess wird einzigartig sein und keinem Standard folgen, sicherlich sich aber in der einen oder anderen Wirkungsweise ähneln. Der Berater wird in der Transformation des Kulturwandels durch Impulse, das Aufzeigen von Wechselwirkungen und Erläuterungen seine Rolle finden und gemeinsam mit dem Top-Management, den Führungskräften und Mitarbeitern die Basis legen, dass sich die Potenziale entfalten und sich neues entwickeln kann. Hierbei ist die Reflexion eine der entscheidenden Prozeduren, in dem sich das Management unter Anleitung des Beraters immer wieder fragt, ob es das richtige tut, ob es ehrlich ist, und auch wirklich glaubwürdig agiert. Denn Glaubwürdigkeit schafft Vertrauen und Vertrauen gibt den Mitarbeitern die Sicherheit, die sie benötigen, um Ihre Potenziale zu entfalten.
Potentialentfaltung führt zum Kulturwandel.
Jan-Peter Schacht (info@janpeterschacht.de)
Weitere Publikationen

Digitale Agenda – Faktencheck und Umsetzung
